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Nächster Halt: Lackierzentrum

Im neuen Oberflächenzentrum der Siemens AG Österreich werden Metros und Reisezugwaggons von einem zentralen Transportsystem automatisch zu den einzelnen Oberflächenbehandlungskabinen gefahren. Die Schiebebühne ermöglicht die besonders flexible Anordnung der einzelnen Bearbeitungsstationen und bietet höchste Sicherheit für den kreuzenden Personenverkehr.

Am Standort Simmering/Wien der Siemens AG Österreich werden seit April Schienenfahrzeuge in einem neuen Oberflächenzentrum beschichtet. Auf rund 8.000 m2 finden 17 Oberflächenbehandlungskabinen sowie ein Freistrahlraum Platz. Erstmals in Europa kommen hier auch Lackierroboter für Wasserlacke bei der Waggonbeschichtung zum Einsatz. Die neu entwickelte Kabinentechnik stammt von SLF Oberflächentechnik, die Lackierroboter lieferte b+m surface. Als Generalunternehmer koordinierte Siemens das Gesamtprojekt. Beschichtet werden Metros unter anderem für die Städte Wien, München und Warschau sowie Reisezugwaggons für die russische und tschechische Eisenbahn und Doppelstockwagen für die Schweiz. Das automatische Transportsystem und zentrale Verbindungsstück zwischen den Kabinen bildet eine fahrbare Schiebebühne von Vollert Anlagenbau. Diese kann die Waggons beidseitig auf- und abschieben, sodass die verschiedenen Bearbeitungsstationen parallel zur Schiebebühne auf beiden Seiten angeordnet werden konnten. Neben dem sicheren automatikgesteuerten Ein- und Ausfahren der Schienenfahrzeuge an den Arbeitsplätzen wurde so auch ein kompaktes und hochflexibles Anlagenlayout konzipiert.

Selbstständiger Transport im Automatikbetrieb

Die Waggonschiebebühne mit einer Breite von 27,5 m und 6 m Länge bedient eine Fahrstrecke von 90 m und kann Werkstücke bis 20 t aufnehmen. Die Fahrgeschwindigkeit ist stufenlos bis 0,8 m/s einstellbar, beidseitig an der Grubenwand angebrachte Absolutwertgeber sorgen für den geregelten Gleichlauf der beiden 5,5 kW starken Fahrantriebe. Über die gesamte Wegstrecke erfolgt die Datenübertragung per Datenlichtschranke. Nach der Anlieferung aus dem Rohbau wird am Hauptbedienpult dem Waggon das jeweilige "Rezept" für die Beschichtung zugeordnet. Hieraus resultiert der nachfolgende Weg, also die Reihenfolge der einzelnen Bearbeitungsstationen, die das Werkstück durchlaufen muss. Danach arbeitet die Schiebebühne im Automatikbetrieb und verfährt die Waggons selbstständig zu den Kabinen. Bei gleichwertigen, mehrfach vorhandenen Arbeitsplätzen entscheidet die Steuerung eigenständig über die Verteilung. Insgesamt stehen zwei voll klimatisierte Roboterkabinen, zwei manuelle Lackierkabinen, jeweils fünf Trockner- und Vorbereitungsstationen sowie drei Kittkabinen und ein Freistrahlraum zur Verfügung.

Steuerung und Visualisierung im Leitstand

In der Leitwarte wird das gesamte System visualisiert. Die Anlagenführer können so jeden Produktionsschritt durchgehend verfolgen. Ein autarkes Videosystem mit vier Kameras auf der Schiebebühne übermittelt zudem per Richtfunk Live-Bilder zur Überwachung der Auf- und Abschiebevorgänge der Waggons in den Kabinen. Die Schiebebühne positioniert sich vor der Arbeitsstation und das Rolltor öffnet sich. Das Bedienpersonal in der Steuerungszentrale kontrolliert per Live-Bild, ob sich Personen oder Gegenstände in der Kabine befinden, und gibt den Arbeitsplatz frei. Danach wird das Werkstück automatisch von einem auf der Schiebebühne befindlichen Schubwagen in die Kabine gefahren. "Die Positionierung erfolgt in sehr engen Toleranzen, was vor allem für die Roboterlackierung wichtig ist", erklärt Dieter Schnell, der verantwortliche Projektleiter von Vollert. Zum Abschieben greift der ebenfalls rund 27 m lange, auch Pusher genannte Schubwagen an den Hilfsdrehgestellen (Trolleys) der Waggons an und fährt diese mit einer Geschwindigkeit von 0,2 m/s in die Arbeitskabine. Aus Ex-Schutz-Gründen erfolgt der Vorschub dabei über Reibräder, die ausschließlich auf der Schiebebühne und damit außerhalb der Arbeitskabinen angebracht sind.

Sofern sich kein Personal in der Kabine befindet, wird danach das Rolltor wieder geschlossen und die Arbeiten am Waggon können durchgeführt werden. Nach dem Abschluss quittieren die Werker den Arbeitsschritt und die Schiebebühne holt selbstständig den Waggon wieder ab und verfährt ihn zur nächsten Kabine. Für den manuellen Betrieb ist die Anlage außerdem mit einer Funkfernbedienung und einer mitfahrenden Steuerung auf der Transportbühne ausgestattet.

Hohe Sicherheit für kreuzenden Personenverkehr

Trotz des hohen Automatisierungsgrads des Oberflächenzentrums handelt es sich nicht um einen für Personen abgeschlossenen Bereich. "Bei Großteillackieranlagen sind nahezu immer Werker im Spiel", so Dieter Schnell. "Deshalb müssen Sicherungssysteme den Fahrweg und die Arbeitsplätze zuverlässig absichern. Bei Siemens in Wien kreuzen drei Personenübergänge die Fahrt der Schiebebühne." Insgesamt 10 Sicherheitsscanner auf der Schiebebühne tasten deshalb den Weg ab und erkennen mögliche Hindernisse. Befinden sich diese im definierten Warnbereich, verringert die Steuerung zunächst die Fahrgeschwindigkeit, zudem erfolgen optische und akustische Warnsignale. Treten die Hindernisse im Schutzbereich auf, geht die Transportbühne sofort in den Not-Halt über. Zusätzlich zu den Videosystemen orten außerdem beidseitig zwei Ultraschallsysteme, ob eine Arbeitsstation gegebenenfalls belegt ist.

Hohe Flexibilität, technologischer Vorsprung

Mit dem neuen Oberflächenzentrum sichert sich Siemens Österreich den technologischen Vorsprung in der Waggonbeschichtung. Die gesamte Kabinentechnik und das Fördersystem sind auf eine hohe Produktqualität und Energieeffizienz ausgelegt. Die neu entwickelte Beschichtungstechnik in Kombination mit der zentralen Automatik-Schiebebühne, die eine beidseitige Anordnung und Bedienung der Arbeitskabinen und damit ein effizientes und flexibles Anlagenlayout erlaubt, ist einzigartig in Europa.

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