Geschätzt fehlen derzeit in Brasilien sechs bis sieben Millionen Wohnungen. Wohnraum, der dringend benötigt wird. Mit der Erweiterung des Wohnungsbauprogramms "Minha Casa, Minha Vida" (Mein Haus, Mein Leben) der aktuellen brasilianischen Regierung soll der Wohnraum für einkommensschwache Brasilianer subventioniert werden, insbesondere in zentral gelegenen Stadtgebieten. Ziel ist es, bis 2026 zwei Millionen neue Sozialwohnungen zu errichten.
„Mit Ecoparque Bairros Integrados haben wir die Vision, ein neues Brasilien zu schaffen, mit bezahlbarem Wohnraum für Millionen von Menschen“ schildert Francisco Simeão, Geschäftsführer des brasilianischen Bauträgers und Immobilienentwicklers Ecoparque. „Dabei geht es eigentlich um viel mehr als nur Wohnraum. Wir schaffen lebenswerte Stadtgebiete eingebettet in grüne Parkflächen, Wälder und Wasser. Kindergärten, Grund- und weiterführende Schulen, attraktive Einkaufsmöglichkeiten und Freizeiteinrichtungen, eine nachhaltige Energieversorgung über Solarstrom sowie die lokale Wasserversorgung bieten die optimale Voraussetzung für den Start in eine neue Ära der Bauindustrie in Brasilien.“
Brasiliens Bauindustrie auf dem Weg in ein neues Zeitalter
In Cascavel entsteht jetzt das erste Städtebauprojekt dieser Art im Westen des Bundesstaats Paraná. Der Standort wurde bewusst gewählt. Nur 10 Minuten vom Stadtzentrum entfernt ist das neue Stadtviertel Ecoparque Cascavel verkehrsnah über die Autobahn BR-277 oder über den nur 2 Kilometer entfernten Regional West Airport erreichbar. Auf einer Fläche von nahezu einer Million Quadratmetern, die zu mehr als 50% aus Grünflächen besteht, entstehen insgesamt 4.600 Appartements in 15-stöckigen Wohngebäuden, die nur 3% der Gesamtfläche einnehmen. „Es werden exklusive Wohnblöcke sein, mit hochwertig aus-gestatteten und voll bezugsfähigen 2- und 3-Zimmer-Appartements sowie Suiten von 96 qm bis 160 qm“ schildert Silvana Fagundes, Technische Leiterin bei Ecoparque. „Eine hohe Lebensqualität für die Bewohner ist unsere Maxime“ so Fagundes. „Dafür bieten wir eine moderne Architektur und eine besondere Wohlfühlatmosphäre. Die verschiedenen Stadtteile sind durch ökologische Freiflächen und viele Grünflächen verbunden, was Raum schafft für ein besonderes Zusammenleben und soziale Integration.“ Um den Traum vom Wohneigentum auf erschwingliche und einfache Weise zu verwirklichen, werden zudem die Wohnungen von der Caixa Econômica Federal im Rahmen des Minha Casa, Minha Vida-Wohnbauprogramms finanziert.
Um zukünftig solche Mega-Bauprojekte zu realisieren, bedarf es auch im Bausystem neuer Wege zu gehen. „In Europa ist die Fertigteilbauweise weit verbreitet und mittlerweile führend. Die industrielle Vorproduktion von Wänden und Decken sorgt zeichnet sich nicht nur durch sehr gute Energieeffizienzwerte aus, sondern gewährleistet gleichzeitig auch konstant hohe Baustandards und im Vergleich zu konventionellen Bausystemen geringere Baukosten bei deutlich kürzeren Bauzeiten“ erklärt Wesley Gomes, Geschäftsführer von Vollert do Brasil. „In Brasilien ist der prozentuale Anteil dieser Bauweise bei Wohngebäuden aktuell allerdings noch sehr niedrig. Die Gründe hierfür sind sicher vielfältig, jedoch wächst aktuell das Bewusstsein für diese neue Form des Bauens. Ecoparque ist hier sicherlich ein Pionier in der Bauindustrie Brasiliens. Worte folgen hier jetzt Taten.“
Intensive Planungsphase bringt Projektdurchbruch
Ecoparque hat sich mit dem Thema Bausystem intensiv auseinandergesetzt, Bauprojekte weltweit geprüft und analysiert und sich mit den führenden Experten und Bauingenieuren Brasiliens und Europas intensiv beraten. Ecoparque Bairros Integrados ist als Vision nachhaltig ausgelegt. Mittelfristig sollen landesweit in Brasilien zahlreiche Stadtviertel wie jetzt in Cascavel entstehen. „Einzelne Wohngebäude wie das in Cascavel mit 15 - 20 Wohngeschossen müssen in weniger als 180 Tagen fertiggestellt werden, um langfristig wirtschaftlich erfolgreich zu sein“ schildert Ivan Barbosa, Bauleiter bei Ecoparque. „Und das mit einem möglichst ressourcenschonen Materialeinsatz von Beton und Stahl.“ Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist hierbei die lokale, industrielle Vorproduktion der Bauelemente mit gleichmäßig hohem Qualitätsstandard, unabhängig von Wind und Wetter und möglichen Baumängeln auf der Baustelle.
„Als Ecoparque im Mai 2021 auf uns zukam, hat uns die Vision eines Bausystem für ein Brasilien von morgen gleich gepackt“ schildert Wesley Gomes. „Wir sind weltweit einer der führenden Anlagenspezialisten in der Betonfertigteilindustrie, verfügen aber durch unsere erfahrenen Bauingenieure in Deutschland und Brasilien auch über umfassendes Know-how in der Entwicklung und Implementierung von Bausystemen bei unseren Kunden, immer angepasst an die lokalen Rahmenbedingungen vor Ort.“
„Das Städtebauprojekt Ecoparque Cascavel ist das erste Pilotprojekt in Brasilien. Über starke Partnerschaften und ein Franchisesystem sollen nach und nach landesweit solche Städtebauprojekte daraus entstehen“ schildert Silvana Fagundes von Ecoparque weiter. „Dafür haben wir gemeinsam im Dialog mit Vollert ein zukunftsfähiges, skalierbares Bausystem entwickelt. Im Austausch mit den Bauingenieuren von Ecoparque wurden 3D-Modelle von Wohngebäuden sowie den Bauelementen entworfen, den brasilianischen Baunormen und Vorgaben angepasst und intensiv diskutiert. "Entscheidend für ein tragfähiges Konzept war dabei, dass die Wände und Decken lokal und unmittelbarer Nähe des neuen Stadtviertels in Cascavel produziert werden.“ BIM-Modelle der zukünftigen Wohngebäude entstanden, umfangreiche Wirtschaftlichkeits- und ROI-Kalkulationen berechnet und verschiedene produktionstechnische Konzepte diskutiert, dabei jeweils Vor- und Nachteile abgewogen. Ende 2021 dann der Projektdurchbruch und die finale Entscheidung für Vollert als Technologie- und Anlagenlieferant. "Von Beginn an hat die Chemie gestimmt", schildert Wesley Gomes von Vollert.
Das größte Betonfertigteilwerk Amerikas entsteht
Ecoparque Bairros Integrados arbeitet mit einem für Brasilien revolutionären Bausystem aus Elementdecken und Doppelwänden sowie Massivbetonteilen für die Innenwände. „Die Bauelemente der Wohnungen werden von der Baufabrik vorgefertigt geliefert, einschließlich Treppen und Bädern, und auf der Baustelle wie Legosteine zusammengesetzt, was den Bauprozess deutlich beschleunigt“ erklärt Guilherme Zandona, Werksleiter bei Ecoparque. „Zudem arbeiten wir nachhaltig, indem wir Materialausschuss reduzieren und Beton und Stahl maximal ressourceneffizient einsetzen, und damit letztlich den CO2-Fussabdruck deutlich senken.“
Für das erste Städtebauprojekt Ecoparque Cascavel wurden ambitionierte Ziele gesetzt. So sollen bereits im Jahr 2025 die ersten Wohnungen an die neuen Eigentümer übergeben werden. Das erste Betonfertigteilwerk als Herzstück im neuen Baukonzept entstand direkt in der Nähe des neuen Stadtviertels. „Das komplette Anlagenkonzept ist hochgradig robotisiert und arbeitet nur mit der neuesten Maschinentechnik und effizienten Abläufen. Dafür haben wir gemeinsam mit den Projektleitern bei Ecoarque ein schlüsselfertiges Anlagendesign entwickelt und präsentiert, entsprechend ausgelegt für vorab geplanten Ausbringungskapazitäten zur termingerechten Realisierung des Ecoparque-Bauprojekts in Cascavel“ schildert Philippe Marrié, zuständiger Projektleiter Vertrieb bei Vollert in Deutschland. Je nach Wohnungskonzept können künftig bis zu 3.900 Wohnungen pro Jahr vor Ort produziert werden. Alle wichtigen Daten der zu produzierenden Wänden und Decken fließen direkt in die produktionstechnischen Abläufe sowie in die Vorplanung der Baustellenabläufe. Zudem sind die BIM-Konstruktionsdetails auf einer digitalen Datenplattform für Architekten, Statiker oder Elektroingenieure jederzeit zugänglich.
Anlagendimension setzt neue Maßstäbe in Amerika
„Die Dimensionen des neuen Betonfertigteilwerks in Casvacel mit 200.000 qm Grundfläche sind gigantisch und sicherlich ein Novum in Brasiliens Bauindustrie“ so Philippe Marrié. Voll automatisierte Abläufe gewährleisten, dass es mit jährlichen Ausbringungskazitäten von mehr als 1.000.000 qm Wand- und Deckenfläche heute das größte Betonfertigteilwerk Brasiliens, vermutlich ganz Amerikas, ist. Ein besonderes Augenmerk gilt den Betonier-, Verdichtungs- und Aushärteprozessen sowie dem vollautomatisierten Einschalungsprozess. „Mit der SMART SET Linie bieten wir hierfür modernste CAD/CAM gesteuerten Robotertechnik“ erläutert Antonios Fischer, zuständiger Projektleiter bei Vollert. Das SMART SET Schalungsrobotersystem ist ein Multifunktionsroboter der neuesten Generation, der innovative Technik mit hoher Verfahrgeschwindigkeit und Beschleunigung verbindet. Auf der SMART SET Roboterlinie bei Ecoparque werden abhängig vom jeweiligen Wand- oder Deckentyp die Abstellprofile CAD/CAM-gesteuert positioniert und bei Bedarf die Konturen für Einbauteile und Bewehrungskomponenten vorgeplottet. Ein SMART STORE Magazinierroboter übernimmt die Zwischenlagerung der gereinigten Abstellprofile in die Lagermagazine bzw. das Auslagern auf die Zuführstrecke zum nächsten Einschalvorgang.
CAD-basierte Stahlmatten als auch die Gitterträger werden über eine Bewehrungslösung von mbk vorbereitet. Dies geschieht über hochautomatisierte Schweißmaschinen mit maximal niedrigen Umrüstzeiten. Einbauteile wie Steckdosen oder Fensterrahmen sowie die Bewehrungsergänzung werden manuell gesetzt. Für optimale Beton-Taktzeiten und die exakte Betondosierung sorgt ein vollautomatischer, brückengeführter SMART CAST Betonverteiler“ erklärt Antonios Fischer. Die Betonausbringung erfolgt über eine Stachelwalzen-/Schieberkonstruktion. Das Austragsvolumen und die Stachelwalzengeschwindigkeit kann frequenzgeregelt optimal auf unterschiedliche Betonkonsistenzen eingestellt werden. Hydraulisch betätigte Flachschieber sparen den Teilbereich aus, in dem kein Beton ausgetragen werden soll. Mittels der Schieberweitenverstellung kann die Auslassbreite optimal auf unterschiedliche Betonarten und Konsistenzen (Normalbeton, Leichtbeton etc.) eingestellt werden.
Durch die niederfrequente Verdichtung des Betons mit der VArio COMPACT Schüttelstation wird sowohl eine sehr gute Oberfläche der Sichtseite der Elementdecken als auch eine effiziente Verdichtung der Oberschale der Doppelwände und der Massivwände erreicht. Abhängig vom Gewicht erfolgt eine unterschiedliche Synchronisierung der Unwuchten, was eine optimale, kreisrunde Schüttelbewegung bei geringer Geräuschentwicklung ermöglicht. Darüber hinaus übernimmt, falls notwendig, eine hochfrequente Rüttelstation die Betonverdichtung bei der stärker bewehrten Tragschale der Doppelwand sowie der Massivwände. Hierbei wird die Vibrationsenergie der Außenrüttler über die Rollenböcke auf die Palettenoberfläche übertragen. Ein deckengeführtes VArio STORE Regalbediengerät übernimmt vollautomatisch das Ein- und Auslagern der frisch betonierten Decken- und Wandelemente in die voll isolierte und beheizte Härtekammer. Die VArio CURE Härtekammer besteht aus vier verkleideten Regaltürmen mit jeweils 15 Palettenfächern.
Für eine noch ästhetischere Sichtbetonoberfläche verfahren die frisch betonierten Massivwände in den Finishingbereich. Ein SMART SMOOTH Flügelglätter in Brückenbauweise verfährt in Längs- und Querrichtung und sorgt für eine schalungsglatte Oberfläche. Hierfür sorgt ein elektrisch angetriebener Glättkopf mit Flügelverstellung und variabel einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten. In der Doppelwandfertigung sorgt ein stationäres VArio TURN Palettenwendegerät für einen einfachen teilautomatischen Wendeprozess und besonders ergonomische Arbeitsabläufe.
„Alles wurde sehr effizient und wirtschaftlich konzipiert“ führt Antonios Fischer von Vollert weiter aus. „So auch bei der Verladetechnik für den Transport der Betonfertigteile auf die Baustelle.“ Dabei werden die Wandelemente über eine VArio TILT Kippstation zunächst vertikal aufgestellt. „Um hier keinen Bottleneck zu erzeugen, bei dem einzelne Wände einen Rückstau verursachen würden, haben wir zwei Kippstationen in verschiedenen Hallenschiffen installiert. Je nach Auslastung kann eine von diesen angefahren werden“ erklärt Antonios Fischer.
Smart Factory-Konzept mit ITWO MES Leitsystem
Um sämtliche Abläufe optimal und wirtschaftlich zu steuern, setzt Ecoparque auf ein modernes Industrie 4.0-Konzept. "Ähnlich wie in einer digitalen Fabrik kommunizieren die Maschinen intelligent über digitale Datenflüsse miteinander. Die Architekturdaten der Wohngebäude erhalten wir zunächst virtuell in konstruktiven 3D-BIM-Modellen aus der Allplan-Systemsoftware von Nemetschek, bevor in der Serienfertigung mit innovativer CAD/CAM-Robotik und hoher Automatisierung produziert wird. Dabei sind ein optimaler Austausch und die Übertragung relevanter Informationen bezüglich Zeichnungen, Materialvorräten, Lagerbeständen und Logistik von großer Bedeutung", erläutert Guilherme Zandona von Ecoparque. Dafür wird das intelligente ITWO MES-Produktionssystem des Automatisierungsspezialisten RIB SAA Software Engineering eingesetzt. Bei einer Smart Factory wie hier in Cascavel sind alle Abläufe und Maschinen volldigital gesteuert und überwacht.
Landesweite Expansion auf ganz Brasilien
"Bereits heute, 3 Monate nach den ersten produzierten Wänden und Decken, sehen wir die hohe Bauqualität, die wir mit dem neuen Bausystem im Städtebauprojekt in Cascavel erzielen werden", resümiert Ivan Barbosa von Ecoparque. Nach der Auftragsvergabe waren die Bauingenieure von Vollert auch weiterhin komplett in den Projektverlauf eingebunden. Dabei fand ein umfassender, permanenter Technologie- und Wissenstransfer mit Ecoparque statt. Ein extra Team seitens Vollert war permanent vor Ort, um die Montage- und Inbetriebnahmephase zu überwachen. Zudem begleitet ein erfahrener Experte die Produktionsüberwachung und Qualitätssicherung nach Produktionsstart direkt in Cascavel vor Ort. „Diese Themen waren sicher mit entscheidend, warum wir mit Vollert auf den richtigen Technologiepartner gesetzt haben“ fasst Silvana Fagundes von Ecoparque zusammen.
Ecoparque Bairros Integrados ist ein Muster und Beispiel für eine ganzheitliche und nachhaltige Stadtentwicklung, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte integriert, um eine lebenswerte und umweltfreundliche Stadt zu schaffen. Nach dem erfolgreichen Pilotprojekt in Cascavel steht jetzt die Expansion auf weitere Regionen Brasiliens an. „Wir haben eine Blaupause geschaffen, wie wir nachhaltigen, bezahlbaren Wohnraum für Millionen von Brasilianern gestalten können. Diese Vision werden wir jetzt intensiv weiterverfolgen“ so Geschäftsführer Francisco Simeão.