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Lackieren in schwindelnder Höhe

Für den Maschinen- und Anlagenbauer KraussMaffei entwickelte Vollert eine besonders platzsparende Lackieranlage auf zwei Ebenen. Die Werkstücke verfahren auf einer Kranbahn in zwölf Metern Höhe, der begehbare Lackier- und Arbeitsbereich der Werker befindet sich sechs Meter hoch im ersten Stock und der Platz darunter ist voll nutzbar – geschützt durch eine felsenfeste Absturzsicherung für bis zu 30 Tonnen schwere Großteile.

Bis zu 30 Tonnen können die Einzelteile der Anlagen zur Produktion und Verarbeitung von Kunststoff wiegen, die in der neuen Lackieranlage bei KMT KraussMaffei Technologies im neuen Werk in Parsdorf bei München flurfrei lackiert werden. Und das ist noch nicht das Maximum, denn es gibt auch Maschinenteile mit einem Gewicht von bis zu 100 Tonnen. Sie werden allerdings manuell und nicht im Umlaufverfahren lackiert. „Bei KraussMaffei hatten wir mehrere Anforderungen gleichzeitig zu lösen: Einerseits müssen besondere Großteile manuell lackiert werden, andererseits sollten der Transport und die Beschichtung von bis zu 30 Tonnen schweren Werkstücken teilautomatisiert erfolgen – und dann musste auch noch die gesamte Filter- und Lackiertechnik in einer bestehenden Halle äußerst platzsparend untergebracht werden“, berichtet Jochen Keinath, Leiter Vertrieb Oberflächentechnik bei Vollert Anlagenbau aus Weinsberg. „Aufgrund der limitierten Fläche sowie hochfrequentierter Logistikwege in der bestehenden Halle entstand die Idee einer zweistöckigen Anlage, allerdings, ohne im Detail zu wissen, ob das überhaupt möglich ist – gerade auch im Hinblick auf die Arbeitssicherheit, denn im Erdgeschoss sind ständig Mitarbeiter auf den Logistikflächen und an Arbeitsplätzen tätig. Gemeinsam mit den Experten von Vollert haben wir dann das Zwei-Ebenen-Konzept inklusive Absturzsicherung entwickelt, um unseren Bedarf optimal zu decken“, erklärt Wuyang Li, Projektleiter von KraussMaffei.

Erste Doppelstock-Lackieranlage für 30 Tonnen schwere Teile

Die Schwerlast- und Intralogistikspezialisten von Vollert planten eine Anlage auf zwei Ebenen mit darüber liegender Fördertechnik und integrierten sie als freitragenden Stahlbau in die bestehende Halle am neuen Produktionsstandort München/Parsdorf von KraussMaffei. Im Erdgeschoss befindet sich nun die manuelle Großteillackierung bis 100 Tonnen, außerdem Lagerplätze und Laufwege sowie das Lacklager, die Lackversorgung und die Filter- und Waschtechnik zur Absaugung des Lacknebels für die darüberliegenden Lackierkabinen. „In der Regel werden diese Filter im Untergeschoss unter den Kabinen verbaut“, erläutert Jochen Keinath. „Das war hier aber baulich nicht möglich, deshalb haben wir die Kabinen zur Reinigung und Lackierung der Werkstücke auf die Höhe des ersten Stocks gesetzt.“ Vollert plante und lieferte als Generalunternehmer die Anlagen- und Schwerlastfördertechnik inklusive Stahlbau, die Lackiertechnik stammt von Heimer Lackieranlagen aus Bielefeld. „Unseres Wissens ist das die erste Doppelstock-Lackieranlage dieser Art weltweit. Im Bereich der Betonfertigteilwerke haben wir schon häufiger Anlagen auf mehreren Ebenen konzipiert; aber angesichts der maximalen Last von bis zu 25 Werkstücken à 30 Tonnen und der darunterliegenden begehbaren Ebene ist diese Anlage bei KraussMaffei schon etwas Herausragendes.“

Ein einziger Manipulator bildet die gesamte Fördertechnik

Der Clou in der Fördertechnik ist, dass überhaupt keine Kettenförderer oder direkt angetriebenen Warenträger für den Transport benötigt werden – ein einziger Manipulator genügt zur Verteilung der Werkstücke auf die verschiedenen Arbeitsstationen. Dazu installierte Vollert eine Kranbahn in zwölf Metern Höhe, auf der der Verteilmanipulator über eine Länge von 80 Metern verfährt und die rechts und links davon liegenden Arbeitsplätze und Lackierkabinen bedient. Auf dem Manipulator befinden sich stationäre Reibräder, die für den Vorschub der Warenträger sorgen und das Auf- und Abschieben in die verschiedenen Arbeitsstationen übernehmen. In den Lackier- und Trockenkabinen sind somit keine stromführenden Antriebe nötig.

Am Beginn der Anlage werden die Werkstücke im Erdgeschoss einzeln oder zu mehreren bis zu einer Größe von 4,8 m Länge, 2,4 m Breite und einer Höhe von 2,8 m in Warenträger eingehängt. Diese sind aufgrund des hohen Gewichts zur besseren Lastverteilung als Doppelspur-Warenträger ausgeführt. Drei Auf- und Abnahmestationen stehen zum Ein- und Ausschleusen der Werkstücke in der Anlage zur Verfügung. Nach der Verheiratung fährt ein Heber die Warenträger zwölf Meter nach oben auf die Höhe der Kranbahn des Manipulators. Er übernimmt den Warenträger und sorgt für die weitere Verteilung.

Maximale Flexibilität im Prozessablauf

Im ersten Stock umfasst die Anlage insgesamt 26 Stationen, darunter vier Maskierplätze, eine Reinigungskabine, zwei Nasslackierkabinen und vier Trocknerkabinen. Die restlichen Plätze sind Speicherplätze und dienen zur Sequenzierung, Zwischenlagerung, Pufferung und Abkühlung der Werkstücke. Dank des speziellen Anlagenlayouts ist es jederzeit möglich, einzelne Werkstücke vorzuziehen, zu überholen oder für Nacharbeiten zurückzustellen, ohne den Anlagenfluss zu unterbrechen. So wird eine Taktzeit von 45 Minuten sichergestellt. Die Speicherplätze werden von der Steuerung der Vollert-Anlage nach der Aufgabe der Werkstücke und im weiteren Beschichtungsprozess automatisch angefahren. Bei den begehbaren Arbeitskabinen und Maskierplätzen erfolgt der Transport nach der Quittierung durch die Werker.

Florian Gruber, verantwortlich für den Betrieb der Lackieranlage bei KMT KraussMaffei, zeigt sich sehr zufrieden: „Die neue Anlage bietet uns große Vorteile: Mit mehreren Auf- und Abgabestationen bedienen wir nun aus einer Anlage heraus wertstromorientiert dreierlei Endmontagesegmente. Zudem haben wir jetzt absolute Flexibilität, was die Prozessgestaltung unserer vielfältigen Teilefamilien betrifft. Dies gilt ebenso für die Reihenfolgenplanung, ermöglicht durch mehrere Sequenzspeicher. Bei unserer vorherigen Anlage – einer reinen Umlaufanlage – war eine Priorisierung kaum möglich. Jetzt können wir höchst flexibel agieren und auch brisante Serviceaufträge sofort bedienen. Zugleich konnten wir die Taktzeit mit der neuen Lackieranlage deutlich erhöhen.“

Felssturzsicherung als Auffangschutz

Eine weitere Besonderheit bildet das Absturzsicherungskonzept der Anlage. Um den Platz unter der Lackieranlage und den flurfrei hängenden Werkstücken voll nutzen zu können, müssen die Laufwege der Werker im Notfall vor herabstürzenden Werkstücken geschützt werden. Keine leichte Aufgabe bei bis zu 30 Tonnen Gewicht, doch auch hier ließen sich die Spezialisten von Vollert etwas Besonderes einfallen. Jochen Keinath: „Wir nutzen Spezialnetze, die normalerweise zur Felsverbauung und zum Schutz vor herabstürzenden Steinbrocken eingesetzt werden. Sie sichern nun die Flächen unter der Fördertechnik – bis zu einer herabfallenden Last von 30 Tonnen.“ Und um die Sicherheit lückenlos felsenfest zu machen, ergänzt eine unter dem Manipulator als Auffangkorb gestaltete mitfahrende Fallschutzbarriere das Schutzkonzept zusätzlich.

„Das Felssturznetz ist natürlich etwas Besonderes, aber es kommt sehr gut an bei den Kollegen, denn es zeigt ja auch unser Engagement für die Sicherheit der Mitarbeiter. Sie ist für uns oberstes Gebot und wir wollten deshalb von Anfang an jede Gefährdung ausschließen. Bereits im Vorfeld der Planung haben wir mit Vollert alle potenziellen Risiken für unsere Mitarbeiter diskutiert und nach Lösungen gesucht. Das Vollert-Konzept mit mitfahrendem Fangkorb und den Sicherungsnetzen hat uns letztlich überzeugt. Und auch die Berufsgenossenschaft hat sehr positiv darauf reagiert“, berichtet Projektleiter Wuyang Li.

„Mit der neuen Anlage bei KraussMaffei ist uns ein besonders platzsparendes Anlagenlayout gelungen, durch das die vorhandene Fläche optimal genutzt wird. Durch die Anordnung auf zwei Ebenen sparen wir erheblich an Grundfläche ein, ohne bei der Geschwindigkeit der Abläufe Abstriche machen zu müssen. Die Teilautomatisierung vereinfacht und beschleunigt die Prozesse und stellt zugleich den beschädigungsfreien Transport sicher“, so das Fazit von Jochen Keinath.

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