Das Familienunternehmen Arburg gehört weltweit zu den führenden Herstellern hochwertiger Spritzgießmaschinen für die Kunststoffverarbeitung. In der dritten Generation beschäftigt das Unternehmen deutschlandweit mittlerweile rund 2.500 Mitarbeiter, weitere 500 kommen an insgesamt 34 Standorten weltweit hinzu. Herzstück und Firmenphilosophie bildet die zentrale Maschinenfertigung am Hauptstandort Loßburg im Schwarzwald. Arburg fertigt alle Schlüsselkomponenten selbst, mit einem marktuntypischen Eigenfertigungsanteil von rund 60 %.
Mit der Qualität und Leistung der Lackieranlage zur Beschichtung von Maschinenteilen, auf Kundenwunsch auch in Sonderfarben, war Arburg nicht mehr zufrieden. Die Anlage litt unter starkem Verschleiß, unter anderem aufgrund ungenauer Transportschienenübergänge. Die teils tonnenschweren Werkstücke gerieten in Schwingung, was die Tragkonstruktion zusätzlich belastete. Zuletzt konnte die Anlage deshalb nicht mehr mit voller Beladung gefahren werden. Das Hub- und Antriebskonzept setzte zudem noch auf schwere Kettenantriebe, was eine hohe Lärmbelastung im Betrieb mit sich brachte. Eine Modernisierung war also unabdingbar. Arburg suchte nach einem passenden Retrofit-Experten - und fand Vollert.
Retrofit-Team für schwere Fälle
Die Ingenieure von Vollert sind Experten in Sachen Schwerlast-Intralogistik. Das Traditionsunternehmen aus Weinsberg ist spezialisiert auf Lösungen zum Bewegen und Fördern schwerer Lasten, ob am Boden oder in luftiger Höhe. Zum Leistungsspektrum gehören Schwerlast-Hochregallager, Regalbediengeräte und Sonderkransysteme für Großteile bis zu 100 Tonnen, in der Aluminium- und Stahlindustrie, in der Automobilfertigung oder in Großteillackieranlagen weltweit. Mindestens so anspruchsvoll wie die Neuanlagenplanung ist dabei der Austausch veralteter oder störungsanfälliger Anlagenteile, denn die Modernisierung überalterter Anlagentechnik stellt viele Industrieunternehmen häufig vor größere Herausforderungen. In vielen Fällen sind die Dokumentationen unvollständig, Bauteile nicht mehr lieferbar und auch der Zugang ist durch die bestehende Produktionsflächen deutlich erschwert. Durch die jahrzehntelange Erfahrung in diesem komplexen Thema kennen die Retrofit-Spezialisten von Vollert sämtliche Techniken und ihre Schwachstellen - und sorgen für Abhilfe.
Neues Förderkonzept und neue Steuerung
Für die Lackieranlage von Arburg empfahlen die Experten nach einer eingehenden Analyse ein maßgeblich geändertes Förderkonzept: Anstelle der Kettenantriebe setzt Vollert bei hohen Lasten in Lackieranlagen häufig auf eine Reibradtechnik. Bereits 2008 hatten die Ingenieure für den Baumaschinenhersteller Liebherr erstmals dieses Förderprinzip in einer deckengeführten Lackieranlage für 50 Tonnen schwere Teile eingeführt. Bis heute folgten zahlreiche vergleichbare Neuanlagen für zahlreiche Hersteller von Großteilen, wie Bagger, Krane oder Großgetriebe. Zusätzlich zum Antrieb wurde bei der Lackieranlage von Arburg auch noch die komplette Steuerung erneuert und gemeinsam mit dem Kunden dessen Ideen und Vorschläge für verbesserte Steuerungsabläufe und Traversenaufhängungen umgesetzt. Mit Erfolg: Die modernisierte Lackieranlage von Arburg läuft seit August 2018 reibungslos.
Reibräder sorgen für sicheren Vorschub
Beschichtet werden bei Arburg Spritzgießmaschinenteile bis zu einem Gewicht von 5,5 Tonnen. Dazu werden mehrere Teile an einer Trägereinheit eingehängt und gemeinsam durch die insgesamt 40 m lange Lackieranlage gefahren. Sechs Arbeitsplätze und -Kabinen sind dabei im Anlagenlayout parallel rechts und links von einem zentralen Verteilmanipulator angeordnet. Dieser übernimmt die Trägereinheiten von einem Hubmanipulator am Beginn der Anlage, fährt sie zur gewünschten Kabine und schiebt die Trägereinheit dort hinein. Der Vorschub der Trägereinheiten erfolgt durch die stationären Reibradantriebe außerhalb der Kabinen, sodass sich innerhalb der Ex-Schutz-Bereiche keine elektrischen Antriebe befinden. Dank der stationären Reibräder und Verteilmanipulatoren lassen sich die Werkstücke individuell steuern. Stoppen, Ausschleusen, Überholen und Zurückfahren sind jederzeit möglich und die Fahrgeschwindigkeiten beliebig wählbar. Während der Bearbeitung des Werkstücks übernimmt der Verteilmanipulator weitere Transportfahrten anderer Werkstücke und am Ende erfolgt die Abgabe wieder am Be- und Entlademanipulator. Die Trägereinheiten bestehen aus stabilen Gitterrahmen, in die sich die Werkstücke variabel entsprechend ihrer Größe und Anzahl einhängen lassen.
Teilautomatisierte Abläufe
Parallel zur Fördertechnik brachte Vollert auch die Steuerung auf den neuesten Stand. Dabei handelt es sich um ein autarkes System zur Steuerung der Abläufe aus einem Leitstand, mit Schnittstellen zur Beschichtung und Trocknung. Insgesamt verfügt Arburg über drei Trocken- bzw. Pufferplätze und eine Nasslackierung, sowie eine Abdunstkabine. Nach der Übergabe der Werkstücke vom Hubmanipulator an den Verteilmanipulator erfolgt der weitere Betrieb automatisch, ebenso wie nach jedem Abschluss eines Arbeitsschritts und der Quittierung durch einen Werker. In der ursprünglichen Anlage wurde dies noch manuell gesteuert. Der Be- und Entladebereich der Lackieranlage verfügt nun außerdem über zwei Manipulatoren zur Auf- und Abnahme der Werkstücke. Diese sind mit Hubtechnik ausgestattet, um die schweren Trägereinheiten mit den Werkstücken auf das Niveau der Laufbahn des Verteilmanipulators anzuheben.
Wieder wie neu - und noch deutlich besser
Im Zusammenspiel aller Maßnahmen - dem neuen Antriebskonzept, den automatisierten Abläufen, der Anlagenerweiterung und den höheren Fahrgeschwindigkeiten - wurden die Abläufe am Ende erheblich beschleunigt. Insgesamt erreicht die modernisierte Anlage durch das Retrofit-Konzept von Vollert rund 20 % kürzere Durchlaufzeiten als zuvor.